Yoga und Physiotherapie reduzieren Medikamentenkonsum

Patientengespräch Rückenschmerzen

Boston – Physiotherapie ist genauso effektiv wie ein rückenspezifischer Yogakurs. Beide Interventionen können bei Patienten mit Schmerzen im Lendenwirbelbereich die Medikamenteneinnahme gleichermaßen reduzieren. Die Beweglichkeit kann jedoch nur bedingt wiederhergestellt werden. Das ergab eine prospektive, randomisierte Studie von Forschern des Boston Medical Centers, die 2017 in Annals of Internal Medicine erschienen ist.

Zu Beginn der Studie lagen die unspezifischen Schmerzen im unteren Rücken der 320 Teilnehmer bei mindestens vier Punkten auf einer Schmerzskala von null bis zehn. Etwa drei Viertel nahmen Schmerzmedikamente, vor allem Nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAID), Paracetamol und zwölf bis 28 Prozent versuchten ihre Schmerzen mit Opioiden zu lindern.

Die Patienten wurden zufällig einer von drei Gruppen zugeteilt: 12 wöchentliche Yogastunden nach einem festen Ablaufplan (je 75 Minuten) in kleinen Gruppen von maximal fünf Teilnehmern oder 15 Physiotherapiestunden in Einzelbetreuung (PT, je 60 Minuten). Die Kontrollgruppe erhielt ein Lehrbuch sowie einen Newsletter mit Tipps (n = 64). Mithilfe des Roland and Morris Disability Questionnaire (RMDQ) erfassten die Autoren die subjektiv erlebte Beeinträchtigung durch die Rückenschmerzen. Zudem erfassten die Autoren die Schmerzintensität auf einer 11-Punkte Schmerzskala.

Begrenzte Vorteile nach Yoga- und Physiotherapie

Einen deutlichen Vorteil hatten die Yoga- als auch die PT-Teilnehmer gegenüber der Kontrollgruppe. Zwölf Wochen nach der Intervention nahmen gut 20 Prozent weniger der Teilnehmer keine Schmerzmedikamente ein. Betrachtet man jedoch die drei Subgruppen von Medikamenten, so ist die Signifikanz ausschließlich auf PT-Teilnehmer zurückzuführen, die kein Paracetamol mehr nehmen und Yoga-Teilnehmer, die NSAIDs abgesetzt haben.

Darüber hinaus konnten die Forscher keinen signifikanten Vorteil der beiden Interventionsgruppen gegenüber der Kontrollgruppe beobachten. Der RMDQ-Wert sank im Vergleich zum Ausgangswert um 3,8 (Yoga) beziehungsweise um 3,5 (PT) Punkte und in der Newsletter-Gruppe um 2,5. Um von einer klinischen Relevanz sprechen zu können, sollte der RMDQ-Wert jedoch um mindestens 30 Prozent des Ausgangswertes sinken, was vier oder fünf Punkten entsprechen würde, erklärt Douglas G. Chang von der University of California in San Diego im Editorial. Auch auf der Schmerzskala sank der Wert um vergleichbare Werte von 2,1 für Yoga, 2,6 für PT und 1,5 für die Kontrollgruppe. Das Zwischenergebnis der Studie konnte somit nur zeigen, dass Yoga der PT nicht unterlegen ist.

Zudem blieben nur 44 Prozent der Yoga- und 36 Prozent der PT-Teilnehmer mehr als drei Viertel der Kurszeit am Ball. In der Kontrollgruppe beschäftigten sich ebenfalls nur 44 Prozent über fast den ganzen Zeitraum mit dem Lehrmaterial. Dabei lohnte sich das Durchhaltevermögen: Gut die Hälfte derjenigen, die die erste Studienphase von zwölf Wochen bis zum Ende mitmachten, konnten eine Verbesserung des RMDQ-Wertes erreichen, der als klinisch relevant einzustufen ist.

Follow-up Phase von fast einem Jahr ohne deutliche Unterschiede

Nach den ersten zwölf Wochen intensiv begleitetem Training, folgte eine zweite Phase der Betreuung, die ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Interventionsgruppen und der Kontrollgruppe aufzeigte. Yoga konnte aber auch weiterhin mit dem Effekt der Physiotherapie mithalten. Die Teilnehmer der beiden Interventionsgruppen konnten in der Follow-up Phase von 40 Wochen das Angebot in öffentlichen Yogakursen weiterverfolgen, ihren Physiotherapeuten für ein Auffrischungs-Training alle zwei Monate treffen oder aber die gelernten Übungen alleine zu Hause fortsetzen.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt | Berlin | 20.06.2017

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